Thomas Barrière – Habituons Nous À La Pluie
Thomas Barrière ist wohl vor allem Gitarrist, versteht aber auch sonst noch eine ganze Reihe von Instrumenten zu bedienen. Nach eigener Aussage hat ihn mit 22 das Album “Step Across the Border” von Fred Frith maßgeblich beeinflusst. Seitdem ist er vor allem als Musiker in den Bereichen Tanz, Theater und Kunstinstallation tätig. 2014 erschien sein erstes Soloalbum “Primaire”, dem im März 2021 das hier rezensierte “Habituons Nous À La Pluie” beim Label Alma De Nieto gefolgt ist.
Aufgenommen hat Barrière die CD wohl weitestgehend im Alleingang, wobei aber ein nicht geringer Teil der Klänge nicht primär von ihm erzeugt wurden. Wie auf der Rückseite des Digipacks aufgeführt, kamen eine ganze Reihe von Samples zum Einsatz, auf denen u.a. Trompetenspieler aus Zentralafrika, ein Zigeunerduo, Teile einer schlechten kanadischen TV-Show, Jean Gabin und Sonny Boy Williamson, ein Märchenerzähler, ein Pygmäenstamm und Baumwollpflücker zu hören sind, und viele, viele mehr, Sprachfetzten, Geräusche und diversen Klang beinhaltend. Die restlichen Sounds hat dann wohl Barrière erzeugt, vermittels diverser Instrumente, die aber nicht detailliert aufgeführt werden.
Ein recht eigenartiges Gemenge an Klang, Geräusch, Sprache und Gesang hat Barrière zusammen gebastelt, welches klar in der RIO-Tradition steht, durchaus verwandt im Geiste mit Produktionen von Fred Frith, aber mit mehr Gewicht auf Erzeugnissen der menschlichen Stimme, und mit einer gelegentlich folkig-weltmusikalischen Ausrichtung. Allerlei Geplinge von Zupfinstrumenten, dezentes Tastenwabern, elektronische Gewebe und perkussive Einlagen werden mit diversen instrumentalen Samples und vor allem recht viel Gesang und Rezitation vermengt, mitunter effektverfremdet. Das Ergebnis ist eine bunte Sammlung an folkig-weltmusikalichen Songkonstrukten, schräg-zupfenden Ethnogemengen, freieren Klangcollagen, seltsamen perkussiv-sakralen Elaboraten und bizarr-elektronischen Stimmflickenteppichen.
“Habituons Nous À La Pluie” ist ein durchaus gelungenes Album, das wohl vor allem RIO-Adepten zusagen sollte, die sich solcherlei Musik versehen mit exotischen Stimmbeiträgen und klappernd-perkussiv-weltmusikalischer Ausrichtung vorstellen können. Das Ganze ist sehr farbig konstruiert, dicht vermengt, arbeitet sich druckvoll produziert voran, klingt schön frisch und weißt einen großen Eigenständigkeitsfaktor auf. Eine seltsame, bisweilen faszinierende, mitunter auch etwas schwerer verdauliche Klangreise wird auf jeden Fall geboten. Aufgeschlossenen Schräghörern sei die Scheibe sehr empfohlen.
Wertung: 12/15
Achim Breiling (Babyblaue-Seiten.de) 30/08/2021